Reform des § 177 StGB

11. Oktober 2014

Im Gesetzgebungsverfahren hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 10.10.2014 über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung mit dem Ziel der Änderung des Strafgesetzbuches zur Umsetzung von Vorgaben zum Sexualstrafrecht beraten. Gesetzentwurf

Der Deutsche Juristinnenbund e. V. hat in seiner Stellungnahme verlangt, bei dieser Gelegenheit den Inhalt eines Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und von häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) umzusetzen (dessen deutsche Fassung derzeit nicht erreichbar ist, 14.01.2016). Übereinkommen

Der Europarat ist institutionell nicht mit der Europäischen Union verbunden und von dem Europäischen Rat zu unterscheiden.

Der Deutsche Juristinnenbund e. V. verlangt, in einem ersten Schritt den Tatbestand der Vergewaltigung im deutschen Strafgesetzbuch zu ändern. Stellungnahme

Die Ausschüsse für Recht, für Frauen und Jugend und für Innere Angelegenheiten des Bundesrates haben in ihrer Beschlussempfehlung (auf Seite 4) daher empfohlen, den § 177 Abs. 1 StGB neu zu fassen.

Der Tatbestand des § 177 StGB lautet bisher:

„Wer eine andere Person

1.    mit Gewalt,

2.    durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben oder

3.    durch Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer den Einwirkungen des Täters schutzlos ausgeliefert ist,

nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft“

Nach der Beschlussempfehlung der Ausschüsse des Bundesrates soll der Tatbestand zukünftig lauten:

„Wer eine andere Person gegen ihren Willen dazu bringt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“ Beschlussempfehlung

Damit würden allerdings zunächst einmal alle Frauen strafbar, weil selten ein Mensch auf Grund einer rationalen Willensentscheidung sexuelle Handlungen vornimmt. Anscheinend wird das Denken unterhalb eines gewissen Niveau zufällig wieder komplex.

Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat dieses Anliegen vorsichtshalber auch als Plenarantrag eingebracht. Plenarantrag

Und so hat es der Bundesrat in seiner 926. Sitzung am 10.10.2014 beschlossen (Seite 1 der Stellungnahme). Beschluss

„Der Bundesrat begrüßt die auch im Gesetzentwurf (vgl. BR-Drucksache 422/14  Begründung des Gesetzentwurf, S. 12, 21) dokumentierte Absicht der Bundesregierung zu prüfen, ob und ggf. inwieweit aus Artikel 36 des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (ETS 210 – Istanbul-Konvention) gesetzgeberischer Handlungsbedarf im Hinblick auf die Strafbarkeit nicht einvernehmlicher sexueller Handlungen folgt. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, diese Prüfung zügig voranzutreiben.“

Falls also in Zukunft eine Frau nach der Vornahme sexueller Handlungen feststellt, so habe sie das nicht gewollt (oder ihre damit in der Beziehung verbundenen Erwartungen sich nicht erfüllen), handelt es sich um eine Vergewaltigung. Der (dann) Täter müsste rückblickend die Behauptung der Frau über ihre inneren Vorstellungen während des Geschlechtsverkehrs widerlegen. Auf diese Weise können besondere negative Aufmerksamkeit erlangende Fälle ausgeschlossen werden, in denen Männer auf Grund der Unschuldsvermutung von dem Vorwurf der Vergewaltigung frei gesprochen worden sind. Die Folge ist, wenn sich die Neuregelung in der Rechtsanwendung verbreitet, ein weiterer Schritt zur Zerstörung hetero-sexueller Beziehungen, insbesondere männlicher Sexualität. Nein, ich meine nicht Vergewaltigung als Form männlicher Sexualität, sondern die Auswirkungen auf das menschliche Zusammenleben, wenn Sex mit einer Frau ohne vorherige schriftliche Einverständniserklärung einem strafrechtlich ungeschützten Geschlechtsverkehr entspricht. Tatsächlich müsste die Bundesregierung gleich anschließend eine Aufklärungskampagne starten und auf Groß-Plakaten Männer dazu auffordern, sich beim Geschlechtsverkehr mit Frauen rechtlich zu schützen. Wenn denn irgendetwas an den (gehassten) Männern schützenswert wäre.

Ebenfalls in seiner 926. Sitzung am 10.10.2014 hat der Bundesrat über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Strafgesetzbuches mit der Begründung des NSU-Untersuchungsausschusses beraten, der ermittlungstechnische Schwerpunkte haben sollte. Gesetzentwurf

Die Ausschussempfehlung lautete, keine Einwendungen zu erheben. Empfehlung

Dem ist der Bundesrat mit einer kleinen Änderung gefolgt. Beschluss

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält den Vorschlag an den Gesetzgeber, in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB klar zu stellen, dass besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende Beweggründe und Ziele des Täters als Strafzumessungsgründe für alle Straftatbestände des Strafgesetzbuches anzuwenden sind. Wie sich auch aus der Begründung der Bundesregierung ergibt, handelt es sich darum, das Konzept der „hate crimes“ in das deutsche Strafgesetzbuch einzufügen. Es läge nahe, im Gesetzgebungsverfahren noch die Worte „homophob“ sowie „frauenfeindlich“ zu ergänzen und auch das Konzept der „hate speach“  im deutschen Strafrecht umzusetzen, in dessen Konsequenz Kritik oder Widerrede als Verletzung manchen Wollens strafbar wird.